Wohnen darf kein Luxus sein
Die aktuelle Situation in BW
In Deutschland fehlen nach aktuellen Schätzungen rund 1 Million Wohnungen - in Baden-Württemberg geht man derzeit von einer Zahl zwischen 80.000 und 150.000 fehlenden Wohnungen aus.
Fehlende Wohnungen?
Das bedeutet nicht, dass es rund 80.000 Obdachlose in BW gibt. Aber lebenswerten Wohnraum zu angemessenen Preise zu finden, fällt immer mehr Menschen schwer. Davon betroffen sind vor allem Familien mit mehreren Kindern, Alleinerziehende und generell Menschen mit geringen Einkommen. Zwischen 40 % und 50 % des Einkommens für die Miete aufbringen zu müssen, kommt nicht selten vor. Wer diese Belastung nicht tragen kann, wird verdrängt. Besonders Menschen in sozialen Notlagen, können in den angespannten Wohnungsmärkten nicht mehr mithalten. Die rund 23.000 wohnungslosen Menschen in Baden-Württemberg haben kaum eine Chance mehr, ein Zuhause in den eigenen vier Wänden zu finden.
Entwicklung kommt nicht überraschend
Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Die Privatisierung des kommunalen Wohnungsbestands, der Rückgang des öffentlich geförderten Wohnungsbaus und die Abschaffung der Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau haben zu dieser angespannten Situation am Wohnungsmarkt geführt. Der Ursprung dieser Entwicklung liegt in der Politik der letzten 20 Jahre.
- 2005 lag die durchschnittliche Wohnungsmiete bei 557 Euro je Haushalt- 2017 bereits bei 766 Euro
- 2002 lag der Bestand der Wohnungen mit Mietbindung bei ca. 137.200 - heute sind nur rund 57.400 Wohnungen Mietpreisgebunden
- Bis 2030 müssen jährlich 6000 Sozialwohnungen gebaut werden - 2019 sind 1500 Wohnungen weggefallen!
Im Vergleich zu anderen Flächenländern in Westdeutschland sowie im Bundesschnitt weist Baden-Württemberg einen deutlich unterdurchschnittlichen Bestand an sozialen Mietwohnungen auf.
Steigende Wohnkostenbelastung überfordert immer mehr Haushalte
Vor allem in Wachstumsregionen, Universitätsstädten und Ballungsräumen mangelt es an bezahlbarem und angemessenem Wohnraum.
Wer von der guten wirtschaftlichen Entwicklung nicht oder nicht ausreichend profitiert, ist mit den Mietpreisen und der steigenden Wohnkostenbelastung überfordert. Diese durchschnittliche Wohnkostenbelastung liegt bei ca. 24 % des Haushaltseinkommens. Für Menschen in Armutslagen und Alleinerziehende ist die Wohnkostenbelastung gut doppelt so hoch.
Die sozialen, langfristigen und gesellschaftlichen Folgen
Folgen dieser Wohnungspolitik sind also heute schon ganz konkret spürbar für die Menschen, die in einer für sie zu teuren oder zu kleinen Wohnung leben. Familien müssen dann zum Beispiel bei den Nahrungsmitteln sparen und greifen auf Fertigprodukte zurück oder Kinder können keinen Hobbies nachgehen, weil das Geld dafür fehlt. Die Folgen sind aber nicht nur im eigenen privaten Leben spürbar. Genauso wirken sie sich auch auf die gesamte Gesellschaft und den Umgang miteinander aus. Menschen mit mittleren Einkommen konkurrieren mit Haushalten, die von Armut betroffenen sind, um passenden Wohnraum. Ganze Personengruppen werden aus ihrem bisherigen und vertrauten Wohnumfeld verdrängt.
Wenn der Polizist und die Krankenschwester mit Alleinerziehenden und wohnungslosen Menschen um Wohnraum konkurrieren ist der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet.
Möglichkeiten zur Veränderung sind da. Wohnungspolitik ist Sozialpolitik und muss daher auch gestalten und regulieren
Die Erhaltung von Wohnraum und die Verhinderung von Wohnungslosigkeit muss oberste Priorität haben. Denn ein Dach über dem Kopf zu haben, ist nicht nur ein menschliches Grundbedürfnis, sondern betrifft unmittelbar die Menschenwürde. Wohnungspolitik ist also auch immer ein Beitrag zu Teilhabegerechtigkeit und muss Raum für alle Menschen schaffen. Wenn dies nicht gegeben ist, werden Menschen abgehängt und sie fühlen sich nicht als Teil der Gesellschaft.
Lebendige und bunte Quartiere sind daher kein Luxus, sondern gesellschaftspolitische Notwendigkeit um sozialen Zusammenhalt zu sichern.